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Weihnachtsgedichte ...?


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Eins noch für heute :p

 

Das Honigkuchenherz

(Autor unbekannt)

 

Vor der Bude vom Zuckerbäcker stand

ein Opa, sein Enkelkind an der Hand;

und Fritzchen wählte nach langem Suchen

ein großes Herz von Honigkuchen.

Zuckerguss war darüber geglättet

mit Plätzchen und Perlen eingebettet,

und für dieses Kinderglück

bezahlte der Opa ein Fünfmarkstück.

Nun ging der Opa und Fritz in die Runde

es dauerte schon eine gute Stunde,

vor jeder Bude blieb Fritzchen stehen,

überall gab es was Neues zu sehen.

Da sagte Fritzchen ganz leise: Opalein,

Opa ich muss mal, bloß klein.

Da sagte der Opa der Gute:

Komm gleich hier hinter die Bude.

Ich bleib dicht vor Dir stehen,

da kannste, und keiner kann Dich sehen.

Fest in der Hand den Honigkuchen

tat Fritzchen nun das Knöpfchen suchen.

Der kalte Wind pfiff um die Ohren,

die Finger waren ganz blau gefroren

und deshalb traf er auch einige Mal

den Honigkuchen mit warmen Strahl.

Das kleine Fritzchen merkte das gleich,

der Honigkuchen wurde weich.

Und Fritzchen flennte ohne Unterlass:

Opa, mein schönes Herz ist nass!

Da ging Opa, der einzige Gute,

mit Fritzchen an die Zuckerbude

und stillte dessen großen Schmerz

mit einem zweiten Honigkuchenherz.

Nun hatte er zwei Herzen und es war ihm klar,

dass eines davon nicht in Ordnung war.

Er wollte den Opa entscheiden lassen:

Opa, was machen wir mit dem nassen?

Der Opa wusste in der Tat

gleich einen guten Rat:

Weißt du mein Junge, das machen wir so,

den gibst du der Oma, die titscht sowieso!

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Geschrieben

Weihnachtsmorgen

Verfasser unbekannt

 

Es war soweit! Julika streckte ihre dick eingepackten Füße aus dem Bett und fröstelte! Hui, war das kalt heute! Sie kniete sich in ihr Bett und blickte verschlafen aus dem Fenster in den noch dunklen Morgen. Draußen glitzerte der Schnee im Glanz des Vollmonds und Julikas Herz begann vor Aufregung zu hüpfen. Weiße Weihnacht!

Ihr Atem bildete Eisblumen auf der kalten Scheibe des Fensters und Julika jauchzte vor Entzücken. Schnell rutschte sie aus dem Bett und zog ihre zwei dicksten Pullover über ihr Nachtgewand und schlüpfte in die gefütterte Hose, die Tante Rosi ihr letztes Weihnachten geschenkt hatte. Leider war sie seitdem ein ganzes Stück gewachsen, so dass zwischen ihren dicken Stiefeln und dem Saum der Hose ein kleines Stückchen nackte Haut zu sehen war. Doch das kümmerte Julika nicht im geringsten. Schnell zog sie sich noch den Lammfellmantel über, den ihr die Mutter extra gekauft hatte, kramte die dicken Handschuhe aus den Taschen und setzte sich im Hinausgehen noch die Wollmütze ihres Bruders auf.

Alles in allem gab sie so eine sehr lustige Gestalt ab, doch ihr war warm und das war die Hauptsache. Sie rannte hinaus in den Schnee und freute sich ihres Lebens! Drinnen im Haus konnte sie leise Stimmen hören und das Rumpeln verkündete ihr, dass nun auch ihre Eltern aufgestanden waren. Schnell begann sie, den Schnee zu einer großen Kugel zusammen zurollen, und als die erste fertig war, wurde eine zweite und dritte erstellt. Mittlerweile war das Licht in der Küche angegangen und Julika konnte hören, wie ihre Mutter das Frühstück vorbereitete. Schnell setzte sie die Kugeln aufeinander, die größte zu unterst, die kleinste zu oberst. Jetzt konnte Julika hören, dass auch ihre zwei Brüder, Jonas und Niklas, wach wurden. Das hieß beeilen, wollte sie ihr Werk doch ganz alleine fertig stellen. Sie rannte zurück zum Haus, zu dem Blumentopf neben dem Küchenfenster. Dort hatte sie alles wichtige versteckt: eine lange Mohrrübe als Nase für den kalten Freund, zwei Knöpfe für die Augen, fünf kleine Stückchen Kohle, die dem Vater beim Anzünden des Kamins heruntergefallen waren, sie sollten des Mund bilden, die Zipfelmütze von Großvater, die Julika zusammen mit der Pfeife extra dafür von ihm bekommen hatte und natürlich den Schal und die Kieselsteine, die sie brauchte, um ihn anzuziehen. Da würden die Eltern aber schauen! So ein toller Schnee-mann und Julika hatte ihn ganz allein gemacht!

Drinnen hörte sie, wie die Mutter die Brüder zum Frühstück rief, und bei dem Gedanken an eine dampfende Tasse heißen Kakaos wurde Julika bewusst, dass sie schon seit über einer Stunde im Schnee rumtollte. Ihr Magen knurrte, als sie sich die warmen, weichen, nach Milch und Honig duftenden Brötchen vorstellte, die ihre Mutter nur zu besonderen Anlässen buk. Leise öffnete sie die Haustür, streifte Mantel, Mütze und Stiefel fast gleichzeitig ab und hüpfte in die Küche.

Oh, war das ein Anblick! Jonas und Niklas saßen im Nachtgewand und dicken Plüschhausschuhen auf ihren Stühlen, der Vater hatte seinen Morgenrock über gezogen und guckte noch ganz verschlafen, und die Mutter stand am Herd und rührte den heißen Kakao. Der Tisch, nein, die ganze Küche war festlich geschmückt mit Tannenreisig und Weihnachtssternen und kleinen Putten die selig von imaginären Wolken lächelten. Die Küche leuchtete im Glanz der Kerzen, die überall aufgestellt waren. Mutter hatte sogar die silbernen Leuchter auf den Tisch gestellt! Die gute Tischdecke war aufgelegt, auf dem Tisch waren zwischen dem Tannenreisig Walnüsse und Haselnüsse und Mandarinen und bunte Lebkuchen verteilt, und in der schönen Kristallschüssel, die in der Mitte des Tisches zwischen den silbernen Leuchtern stand, lagen Pfeffernüsse, Zimtsterne und Hildaplätzchen.

Julika setzte sich auf ihren Platz, mit roter Nase und noch ganz außer Atem vom Schneemannbauen. Gleich nach dem Frühstück würde sie allen zeigen, was sie so früh schon draußen für alle gebaut hatte. Doch jetzt wollte sie zuerst einmal das köstliche Frühstück genießen, das ihre Mutter mit funkelnden Augen servierte: heiße Schokolade für Julika und die Brüder, duftender Kaffee für die Mutter und den Vater. Warme, frische Brötchen mit Butter und Honig oder der leckeren selbstgemachten Brombeermarmelade. Ein Kanten von dem guten Schinken, den Vater vom Bauern Johann bekommen hatte, frisches, dunkles Brot, natürlich die guten Plätzchen und für jeden ein Ei von der Henne Berta.

Da wurde geschlemmt! Und ganz still war es, weil keiner es wagte, den Morgen durch Worte zu stören. Doch wie es immer war, fing der kleine Niklas, der noch nicht begreifen konnte, was für ein besonderer Morgen es war, zu plappern an und als somit der Bann gebrochen war, fingen alle an zu erzählen. Vom letzen Jahr und den Jahren davor und wie schön der Schnee in diesem Jahr war und wer alles geschrieben hatte und dass es in diesem Jahr im Dorf sogar ein echtes Christkind gegeben hatte, denn die Frau vom Apotheker Lindberg hatte in der Christnacht ihr Kind bekommen.

Als dann alle vom Erzählen ganz rote Backen hatten und Jonas vor Spannung kaum noch sitzen konnte, erklärte der Vater das Frühstück für beendet und stand auf, um ins Wohnzimmer zu gehen, wo der Weihnachtsmann ganz sicher über Nacht die Geschenke für alle hingelegt hatte. Julika half der Mutter noch beim Abräumen des Geschirrs und Jonas löschte die Kerzen. Und dann hörten sie auch schon, wie die Klingel im Wohnzimmer die Bescherung ankündigte. Die Mutter wischte sich noch eilig die Hände an der Schürze ab, nahm Niklas auf den Arm und folgten dem Vater in die Wohnstube. Dieser hatte den Kamin angezündet und die Kerzen am Baum erhellten warm den Raum. Julika konnte vor Spannung kaum noch schlucken. Wo war ihr Geschenk? Hatte der Weihnachtsmann ihren Brief bekommen, in dem sie beschrieb, wie sehr sie den neuen Schlitten und die neue Hose brauchte? Und war sie auch artig genug gewesen? In der Schule hatte sie immer gut aufgepasst und hatte sogar ein Lob im Schönschreibwettbewerb erhalten. Die Eltern waren sehr zufrieden gewesen. Julika sah sich um: ihr Vater hielt gerade die Pfeife hoch, die Jonas ihm geschnitzt hatte, natürlich mit Großvaters Hilfe, und die Mutter zeigte dem kleinen Niklas seine Holzloko-motive, die der Vater erst am Abend vorher noch rot angemalt hatte.

Julika ging zum Lehnstuhl, unter dem sie die Kekse und die Milch für den Weihnachtsmann versteckt hatte und siehe da, der Weihnachtsmann hatte es gefunden und ihr zum Dank einen Schokoweihnachtsmann hingelegt. Julika hatte auch die Geschenke für die Eltern dort versteckt: eine Spange, die das Haar der Mutter zieren sollte und ein Päckchen Tabak für den Vater. Und für die Brüder hatte sie ein Schnitzmesser, denn das von Jonas war schon ziemlich alt und zwei Tiere für den Holzzoo von Niklas. Eine Kuh und ein Schwein. Julika holte die Geschenke, allesamt sorgfältig in rotes Seidenpapier eingeschlagen, hervor und überreichte sie an ihre Familie. Das war eine Freude zu sehen, wie sie die Sachen auspackten und dabei "ah" und "oh" riefen! Julika war so glücklich darüber zu sehen, wie die Geschenke den anderen gefielen, dass sie fast vergaß, selbst nach ihren Geschenken zu sehen. Niklas hatte ihr ein Bild gemalt, einen Schneemann, Jonas hatte ihr eine Tüte süßer Lakritze und zwei Lutscher gekauft, und die Mutter überreichte Julika ein Päckchen mit einer großen roten Schleife, in dem eine neue gefütterte Hose steckte. Julika freute sich riesig und dennoch war sie etwas betrübt. Kein Schlitten. Dabei hatte sie sich doch so sehr einen ge-wünscht. Vielleicht hatte der Weihnachtsmann ja nicht soviel tragen können oder vielleicht hatte der Schlitten nicht durch den Kamin gepasst.

Jetzt wollte sie der Familie aber erst einmal den Schneemann zeigen, der vor der Tür auf alle wartete, mit Rübennase und Kieselsteinknöpfen und einer Zipfelmütze auf dem runden, kahlen Kopf. Sie nahm die Eltern an die Hand und führte sie nach draußen, so wie sie waren, im Nachtgewand mit Morgenrock. Der Vater lachte vor Freude, als er den weißen, runden Mann sah, der ihn mit einem Lächeln aus Kohlestückchen begrüßte. Die Mutter klatschte in die Hände und beglückwünschte Julika zu so einem Meisterwerk. Und dann sah Julika etwas wunderschönes: Hinter dem Schneemann, kaum zu sehen, stand ein niegelnagelneuer Schlitten, mit echten Kufen und einer rot-weißen Schnur, um ihn die Hügel hinauf zu ziehen. Die Eltern blickten sich mit einem Lächeln an und der Vater blinzelte der Mutter zu, als Julika vor Begeisterung jauchzend ihre festen Stiefel und den Mantel über zog und in den Schnee hinaus zu ihrem neuen Schlitten eilte.

Das war ein Weihnachten! Und während Julika ihren kleinen Bruder Niklas auf dem Schlitten durch den Hof zog und Jonas eine Schneefrau für den Schneemann baute, verteilte der Vater das Brot an die Tiere im Wald, und die Mutter fütterte die Vögel und alles war perfekt und wunderschön.

Geschrieben

Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern

von Hans Christian Andersen

 

Es war so gräßlich kalt; es schneite und es begann dunkler Abend zu werden. Es war auch der letzte Abend des Jahres, Silvesterabend. In dieser Kälte und in dieser Dunkelheit ging auf der Straße ein kleines, armes Mädchen mit bloßem Kopf und nackten Füßen; ja, sie hatte zwar Pantoffeln angehabt, als sie von Hause wegging, aber was nützte das schon! Es waren sehr große Pantoffeln, ihre Mutter hatte sie zuletzt benutzt, so groß waren sie, und die verlor die Kleine, als sie über die Straße eilte, während zwei Wagen so erschreckend schnell vorbeifuhren. Der eine Pantoffel war nicht zu finden, und mit dem andern lief ein Knabe davon; er sagte, den könne er als Wiege brauchen, wenn er selbst einmal Kinder bekomme.

 

Da ging nun das kleine Mädchen auf den nackten, kleinen Füßen, die vor Kälte rot und blau waren. In einer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer, und ein Bund hielt sie in der Hand. Niemand hatte ihr den ganzen Tag hindurch etwas abgekauft; niemand hatte ihr einen kleinen Schilling gegeben. Hungrig und verfroren ging sie dahin und sah so eingeschüchtert aus, die arme Kleine! Die Schneeflocken fielen in ihr langes, blondes Haar, das sich so schon um den Nacken ringelte, aber an diese Pracht dachte sie wahrlich nicht. Aus allen Fenstern glänzten die Lichter, und dann roch es auf der Straße so herrlich nach Gänsebraten; es war ja Silvester- abend, ja, daran dachte sie!

 

Drüben in einem Winkel zwischen zwei Häusern, von denen das eine etwas mehr vorsprang als das andere, dort setzte sie sich hin und kauerte sich zusammen. Die kleinen Beine hatte sie unter sich hochgezogen; aber es fror sie noch mehr, und nach Hause zu gehen, wagte sie nicht. Sie hatte ja keine Schwefelhölzer verkauft, nicht einen einzigen Schilling bekommen. Ihr Vater würde sie schlagen, und kalt war es zu Hause, sie hatten nur eben das Dach über sich, und da pfiff der Wind herein, obwohl in die größten Spalten Stroh und Lumpen gestopft waren. Ihre kleinen Hände waren beinahe ganz abgestorben vor Kälte. Ach! Ein kleines Schwefelhölzchen könnte guttun. Wenn sie es nur wagen würde, eines aus dem Bund zu ziehen, es gegen die Wand zu streichen und die Finger zu erwärmen! Sie zog eins heraus, ritsch! Wie es sprühte, wie es brannte! Es war eine warme, helle Flamme, wie ein kleines Licht, als sie, es mit der Hand umschirmte. Es war ein seltsames Licht: dem kleinen Mädchen war es, als säße es vor einem großen, eisernen Ofen mit blanken Messingkugeln und einem Messingrohr. Das Feuer brannte so herrlich, wärmte so gut; nein, was war das! Die Kleine streckte schon die Füße aus, um auch diese zu wärmen - da erlosch die Flamme. Der Ofen verschwand, sie saß mit einem kleinen Stück des abgebrannten Schwefelhölzchens in der Hand.

 

Ein neues wurde angestrichen, es brannte, es leuchtete, und wo der Schein auf die Mauer fiel, wurde diese durch- sichtig wie ein Schleier; sie sah gerade in die Stube hinein, wo der Tisch gedeckt stand mit einem blendendweißen Tischtuch, mit feinem Porzellan, und herrlich dampfte die gebratene Gans, gefüllt mit Zwetschgen und Äpfeln; und was noch prächtiger war: die Gans sprang von der Schüssel herunter, watschelte durch die Stube, mit Messer und Gabel im Rücken; gerade auf das arme Mädchen kam sie zu. Da erlosch das Schwefelholz, und es war nur die dicke, kalte Mauer zu sehen.

 

Die Kleine zündete ein neues an. Da saß sie unter dem schönsten Weihnachtsbaum; er war noch größer und schöner geschmückt als der, den sie bei der letzten Weihnacht durch die Glastür bei dem Kaufmann gesehen hatte. An den grünen Zweigen brannten tausend Kerzen, und bunte Bilder, gleich denen, welche die Schaufenster schmückten, sahen auf sie herab. Die Kleine streckte beide Hände in die Höhe - da erlosch das Schwefelholz; die vielen Weihnachtslichter stiegen höher und höher. Sie sah, jetzt waren sie zu den hellen Sternen geworden, einer von ihnen fiel und hinterließ einen langen Feuerstreifen am Himmel. »Jetzt stirbt jemand«, sagte die Kleine, denn die alte Großmutter, die einzige, die gut zu ihr gewesen, aber nun tot war, hatte gesagt: wenn ein Stern fällt, geht eine Seele hinauf zu Gott.

 

Sie strich wieder ein Schwefelhölzchen gegen die Mauer, es leuchtete ringsumher, und in dem Glanz stand die alte Großmutter, so klar, so schimmernd, so mild und lieblich.

 

»Großmutter«, rief die Kleine, »oh, nimm mich mit! Ich weiß, du bist fort, wenn das Schwefelhölzchen ausgeht, fort, ebenso wie der warme Ofen, der herrliche Gänsebraten und der große, gesegnete Weihnachtsbaum!«

 

Und sie strich hastig den ganzen Rest von Schwefelhölzern an, die im Bund waren. Sie wollte Großmutter recht festhalten; und die Schwefelhölzer leuchteten mit einem solchen Glanz,

daß es heller war als der lichte Tag. Großmutter war früher nie so schön, so groß gewesen; sie hob das kleine Mädchen auf ihren Arm, und sie flogen in Glanz und Freude so hoch, so hoch dahin; und dort war keine Kälte, kein Hunger, keine Angst, sie waren bei Gott.

 

Aber im Winkel beim Hause saß in der kalten Morgenstunde das kleine Mädchen mit roten Wangen, mit einem Lächeln um den Mund - tot, erfroren am letzten Abend des alten Jahres. Der Neujahrsmorgen ging über der kleinen Leiche auf die mit den Schwefelhölzern dasaß, von denen ein Bund fast abgebrannt war. Sie hatte sich wärmen wollen, sagte man. Niemand wußte, was sie Schönes gesehen hatte und in welchem Glanz sie mit der alten Großmutter eingegangen war zur Neujahrsfreude.

Geschrieben

Nikolaus, sei unser Gast...

Volkstümlich

 

Nikolaus, sei unser Gast,

wenn du was im Sacke hast.

Hast du was, so lass dich nieder,

hast du nichts, so pack dich wieder!

 

 

Lieber, guter Nikolaus...

unbekannt

 

Lieber, guter Nikolaus,

lösch uns unsre Fünfen aus,

mache lauter Einsen draus,

bist ein braver Nikolaus!

 

 

Sankt Niklas, komm in unser Haus...

Volkstümlich

 

Sankt Niklas, komm in unser Haus,

leer deine großen Taschen aus,

stell dein Esel auf den Mist,

dass er Heu und Hafer frisst.

Heu und Hafer frisst er nicht,

Zuckerbrezel kriegt er nicht.

Geschrieben

Gerüchte vom Weihnachtsmann

Wolfgang Lörzer (geb. 1950)

 

Habt ihr gehört? Der Weihnachtsmann

hat sich 'nen Bruch gehoben.

Und wie man weiter hören kann,

wird wohl das Fest verschoben.

 

Da gibt es auch noch das Gerücht,

er hätt' 'ne Depression.

Er liegt im Bett, man glaubt es nicht,

und schickt wohl seinen Sohn.

 

Was ich da hör' vom Weihnachtsmann,

das hat mich sehr geschockt.

Wir haben seit ich denken kann

ihm zu viel eingebrockt.

 

Wir sollten doch beim Weihnachtsmann

nicht mehr so viel ordern.

Wir seh'n ja, was passieren kann,

wenn wir ihn überfordern.

 

Ich werde jetzt bescheiden sein

und immer daran denken:

das Wichtigste ist ganz allein,

dass wir uns Liebe schenken.

 

Ich wünsch' dir, lieber Weihnachtsmann,

von Herzen nur das Beste.

Werd' rasch gesund im dunklen Tann,

und sei gegrüßt zum Feste!

Geschrieben

Morgen kommt der Weihnachtsmann...

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

 

Morgen kommt der Weihnachtsmann,

Kommt mit seinen Gaben,

Trommel, Pfeifen und Gewehr,

Fahn' und Säbel, und noch mehr,

Ja, ein ganzes Kriegesheer

Möcht' ich gerne haben.

 

Bring' uns lieber Weihnachtsmann,

Bring' auch morgen, bringe

Musketier und Grenadier,

Zottelbär und Panthertier,

Ross und Esel, Schaf und Stier,

Lauter schöne Dinge!

 

Doch du weißt ja unsern Wunsch,

Kennst ja uns're Herzen.

Kinder, Vater und Mama,

Auch sogar der Großpapa,

Alle, alle sind wir da,

Warten dein mit Schmerzen

Geschrieben

Weihnachtslied, chemisch gereinigt

-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-

(Erich Kästner)

 

 

Morgen, Kinder, wird's nichts geben!

Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.

Mutter schenkte euch das Leben.

Das genügt, wenn man's bedenkt.

 

Einmal kommt auch eure Zeit.

Morgen ist's noch nicht soweit.

 

Doch ihr dürft nicht traurig werden.

Reiche haben Armut gern.

Gänsebraten macht Beschwerden.

Puppen sind nicht mehr modern.

 

Morgen kommt der Weihnachstmann.

Allerdings nur nebenan.

 

Lauft ein bißchen durch die Straßen!

Dort gibt's Weihnachtsfest genug.

Christentum, vom Turm geblasen,

macht die kleinsten Kinder klug.

 

Kopf gut schütteln vor Gebrauch!

Ohne Christbaum geht es auch.

 

Tannengrün mit Osrambirnen -

Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!

Reißt die Bretter von den Stirnen,

denn im Ofen fehlt's an Holz!

 

Stille Nacht und heil'ge Nacht -

Weint, wenn's geht, nicht! Sondern lacht!

 

Morgen, Kinder, wird's nichts geben!

Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!

Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!

Gott ist nicht allein dran schuld.

 

Gottes Güte recht so weit ...

Ach, du liebe Weihnachtszeit!

Geschrieben

Heute ist der 3. Advent.

Weihnachten kommt so schnell, ab jetzt noch schneller-

 

allen zur Freude hebe ich noch einmal diesen thread hoch!

 

Kasha

Geschrieben

DAS GOLDENE VERPACKUNGSPAPIER

Verfasser unbekannt

 

Vor einiger Zeit, hat ein Mann seine 5 Jahre alte Tochter für das

Vergeuden einer Rolle von kostspieligem Goldverpackungspapier bestraft.

 

Das Geld war knapp und er wurde wütend, als das Kind das ganze Goldpapier

verbraucht hatte, um eine Schachtel zu verzieren, um sie unter den

Weihnachtsbaum zu legen. Dennoch brachte das kleine Mädchen am folgenden

Morgen die Geschenksschachtel ihrem Vater und sagte: Das ist für dich,

Papa.

 

Der Vater war verlegen weil er am Vortag so überreagiert hatte. Er

öffnete die Geschenksschachtel und wurde wieder sehr zornig, als er sah, dass

diese leer war. Wütend sagte er zu ihr: Weißt du nicht, junge Dame, dass wenn

man jemand ein Geschenk gibt, auch etwas in der Verpackung sein soll? Das

kleine Mädchen betrachtete ihn mit Tränen in den Augen und sagte: Papa, sie ist

nicht leer, ich hab so viele Bussis hineingegeben, bis sie ganz voll

war. Der Vater war ganz zerknirscht. Er fiel auf seine Knie und legte seine

Arme um sein kleines Mädchen, und bat sie, ihm seinen unnötigen Zorn zu

verzeihen.

 

Nur kurze Zeit später starb das kleine Mädchen bei einem Unfall.

 

Nach dem Tod seines kleinen Mädchens behielt der Vater seinen ganzes Leben

lang die Goldschachtel neben seinem Bett. Immer wenn er durch schwierige

Probleme entmutigt wurde, öffnete er seine Goldschachtel und stellte sich vor

einen Kuss von seinem kleinen Mädchen herausnehmen und erinnerte sich dabei an

die Liebe des Kindes, die sie dort hineingegeben hatte.

Geschrieben

Der Nikolaus

(Autor: Gustav Sichelschmidt)

 

Der Nikolaus, der Nikolaus,

wo kommt der Nikolaus her?

Aus Afrika, Amerika,

vielleicht vom Roten Meer?

 

Er ist, weiß Gott, kein Dummerjahn,

er kennt ein jedes Kind,

und wenn er an die Türe pocht,

dann mach ihm auf geschwind!

 

Und öffnet er dann seinen Sack

und schenkt dir dies und das,

so ist das wohl, mein liebes Kind,

für dich ein Heidenspaß.

 

Und stürmt er dann zum Haus hinaus

mit Prusten und Gestöhn,

so ruf ihm schnell noch hinterdrein:

"Hallo, ich dank auch schön!"

Geschrieben

Wo wohnt der Nikolaus?

(Eine Nikolausgeschichte von Hanne Krüger und Jörg Bastmann)

 

„Papa, wo wohnt der Nikolaus?" fragte der kleine Jörg. Papa saß gerade am Computer und hörte mal wieder nicht richtig hin. „Weiß nicht", kam die Antwort. „Da musst Du mal die Omi fragen, die hat mir das damals auch erklärt.

 

Jörg fuhr mit dem Fahrrad zur Omi. Die saß jedoch auch am Computer und hatte keine Lust, Nikolausgeschichten zu erzählen. „Man Omi Du bist echt uncool sagte der kleine Jörg und klebte ihr beleidigt sein Kaugummi auf den Babbel. „Babble Gum", rief Omi und schüttelte sich. Da fiel der Kaugummi auf die Maus und dadurch ging das Computerspiel aus. Auch das Gebiss war futsch. Schließlich fand es sich auf dem Scanner wieder. Omis Lieblingsspielzeug war zerschmettert. Als Omi das Gebiss gerade greifen wollte, wurde es eingescannt. „Oh, Schreck", babbelte Omi, „wie soll ich jetzt mein Mohnbrötchen essen?"

 

Verzweifelt suchte sie ihre Festplatte ab und schimpfte dabei: „Du bösser, böser Junge, was hasst Du nur wieder angestellt." „Ach Omi", sagte Jörg „ich wollte doch nur wissen, wo der Nikolaus wohnt." Omi war stinksauer: „Ich habe mein Gebicss verloren und Du fragcst mich nach dem Nikolaucs. Der wird übrigencs gar nicht gut zu csprechen csein auf kleine Kinder, die Omics Gebicß eincscannen." Als Omi die Windows beenden wollte, entdeckte sie im Hintergrund ihr Gebiss. „Klasse Omi, da ist es ja", rief Jörg. „Cön", grunzte Omi „da nüccen sie mir nitz beim Kauen!"

 

Jörg war ein böser Junge. Er ging in die Küche, holte ein Kotelett und legte es auf den Scanner. Schwupp - weg war es - „Siehst Du Omi, so kannst Du viel schneller essen und kannst mir nebenbei erzählen, wo der Nikolaus wohnt. - Soll ich Dir noch eine Schnitte Brot einscannen? Den Kaffee kannst Du ja noch so trinken - Oder?" Jörg grinste und Omi war sprachlos. „Dein Gebiss ist jetzt als Software installiert. Jetzt müssen wir Dich nur noch mit dem Computer verkabeln, dann sind alle Deine Probleme gelöst. Du musst Dich allerdings vor einem Virenbefall hüten."

 

Jetzt war Omi richtig in Rage: „Diese Jugend von heute ist das Letczte, was fällt Dir blocß ein?" Omi schrieb ihrem Gebiss: „Bitte, liebes Gebiss, komm doch wieder raus." Doch das Gebiss kam nicht wieder raus. Nicht aus Laufwerk A und auch nicht aus Laufwerk D. Auch auf dem Scanner lag es nicht. In ihrer letzten Verzweiflung wollte sie den Brief an ihr Gebiss ausdrucken. Da geschah etwas ganz Schreckliches: Braunverschmiertes Endlospapier kam aus dem Drucker und zu allem Übel bäuerten beide Lautsprecherboxen. „Klasse", rief Jörg begeistert, „Nun kannst Du sogar Deine Toilette vermieten. Die brauchst Du ja nun nicht mehr." Jetzt wurde Omi unruhig und wollte es genau wissen. Sie scannte eine Schokoladenreklame aus der Zeitung ein und noch ein paar schöne Fotos aus ihrem Kochbuch. Nach einer Weile sagte sie: „Du wirst es nicht glauben; aber jetzt bin ich satt." -

 

„Omi, darf ich heute bei Dir schlafen?" „Das fehlt mir gerade noch; wer weiß, was Du noch anrichtest." Bitte, bitte Omi, vielleicht lösen wir das Problem ja noch." Omi überlegte kurz, griff zum Telefon und rief ihren Sohn an. Der war froh, als er hörte, dass Jörg bei Omi schlafen wollte. So konnte er weiter an seinem Computer arbeiten. Doch als Omi ihm erzählte, was passiert war, bekam er einen Lachkrampf. Dabei fiel ihm der Hörer aus der Hand. Die Mutter kam aus der Küche gerannt: „Was hast Du?" Statt einer Antwort, lachte er immer lauter. Sie sah den Hörer liegen, griff danach und rief: „Hallo!" Jetzt erzählte Omi ihr die verrückte Story.

 

Sie glaubte kein Wort von dem, was sie hörte. Als sie aufgelegt hatte, packte sie Schlafzeug, Zahnbürste und ein Märchenbuch ein und brachte es zur Omi. „Du hast ja wirklich kein Gebiss drin", sagte sie als sie Omis Gutenabend gehört hatte. „Sag ich doch, sieh Dir nur mein Hintergrundbild an, wenn Du mir nicht glaubst." Jörg freute sich, dass er nun doch bei Omi schlafen durfte. Schnell zog er sein Schlafzeug an, bevor es sich noch jemand anders überlegen könnte. Dabei fand er das Märchenbuch. Er blätterte darin herum und fand auch eine Nikolausgeschichte - mit Bild.

 

„Omi, Omi, - ich glaube ich habe die Lösung". Jörg scannte das Nikolausbild ein. Als er das Buch herunternahm, war das Bild von der Seite verschwunden. Omi schaute wieder im Hintergrund nach. Da stand wahrhaftig der Nikolaus und kramte in seinem Sack. Omi schrieb: „Lieber, guter Nikolaus, rücke meine Zähne raus." Der Nikolaus auf dem Monitor grinste und holte ein kleines Päckchen raus. Plötzlich wurde der Drucker aktiviert und klickediklick - fielen alle Zähne einzeln raus.

 

„So eine Gemeinheit", schrie Omi und scannte die Zähne gleich wieder ein. Der Nikolaus grinste sie aus dem Hintergrund listig an. Omi schrieb: „Du gemeiner Nikolaus, rücke mein ganzes Gebiss wieder raus." Da ertönte die Stimme aus dem Lautsprecher: „Was willst Du denn, Zähne oder Gebiss oder was?" „Gebiss", sabberte Omi. Der Drucker wurde wieder aktiviert und tatsächlich kam auch das Gebiss wieder raus. „Endlich brauchte sie nicht mehr zu lispeln. „Siehste Jörg", sagte sie „der Nikolaus wohnt im Computer."

Geschrieben

Die Bedeutung der erleuchteten Fenster in der Adventszeit...

von Birgit Drees

 

Wenn man abends in der Adventszeit durch die Strassen geht, sieht man glänzende Sterne, Engelchen, Weihnachtsmänner und Lichterketten, die die Fenster in dieser schönen, ruhigen, dunklen, besinnlichen Jahreszeit schmücken. Aussenstehende, und auch die Hausbewohner selber, besehen sich diese schönen Fenster staunend. Kinderaugen funkeln vor Freude.

Aber, wissen wir denn, was es bedeutet, wenn die Fenster im Lichterglanz strahlen?

Wissen wir, dass es eigentlich ein Zeichen der Nächstenliebe ist?

Wir stellen uns vor, es ist Heiligabend :

Wir sitzen gemütlich mit der Familie zusammen, bei einem leckeren Essen oder einem Glas Wein und freuen uns, einen schönen Tag im Familienkreis geniessen zu können.

Wir erzählen uns Geschichten, wahr oder erdacht, singen Lieder und haben Spass... .

Aber, was ist mit denen, die alleine an diesem Abend zu Hause sitzen?

Die keine Familie haben?

Die einsam sind?

Sind diese Menschen auch fröhlich?

Was machen sie wohl gerade in diesem Moment?

Gehen sie spazieren und schauen sie dabei traurig aber neugierig in die Fenster der glücklichen Familien?

Was machen wir, wenn es plötzlich an unserer Tür klingelt und dort ein unglücklicher Mensch steht, der darum bittet, an dieser fröhlichen Runde teilnehmen zu dürfen?

Lassen wir diesen Menschen hinein?

Nehmen wir uns diesem an?

Wir sollten die geschmückten Fenster schon als Symbol Gottes sehen.

Es sieht immer schön aus, wenn die Fensterscheiben hell und bunt leuchten.

Trotzdem sollten wir uns aber auch Gedanken machen, über das Warum?

Stehen wir dazu und halten wir die Nächstenliebe für wichtig?

 

Denken wir doch einmal weiter :

Irgendwann kommt die Zeit, da stehen wir vielleicht einmal alleine da, wie dieser Mensch vor unserer Tür.

Wären wir nicht froh, wenn wir in einer Familie aufgenommen werden würden?

 

Dieser Mensch in der Geschichte hatte Glück :

Die Familie, an dessen Haus er geklingelt hatte, war sehr gastfreundlich.

Ihm wurde ein Weihnachtsessen angeboten, er durfte sich wärmen, die Leute unterhielten sich mit ihm, ja, es wurde ihm sogar ein Schlafplatz angeboten.

 

Das Weihnachtszimmer war liebevoll hergerichtet :

In der Ecke stand ein riesiger Tannenbaum, der dezent aber schön geschmückt war.

An dem hingen rote Kugeln, Engelshaar, goldene Girlanden.

Unter dem Tannenbaum stand die Krippe –Maria sass, mit dem Jesuskind im Arm, auf einem Baumstumpf, Josef hielt Marias Hand und kniete neben ihr, der Esel und der Ochse sahen neugierig zu dem Jesuskind, die Hirten sahen sehr fröhlich aus und sie standen um Maria und Josef herum.

Der Boden in der Krippe war mit Stroh ausgelegt.

Vor der Krippe, seitlich, stand ein kleiner Tisch mit wenigen Geschenken. –Die Familie hielt es für wichtig, einen gemütlichen Abend in geselliger Runde zu geniessen und wollte die Geschenke nicht als Wichtiges ansehen.

Mitten im Raum stand ein Tisch mit einem Festmahl, an dem alle Familienmitglieder fröhlich gesessen und gegessen hatten.

Auf der Fensterbank standen unzählige Kerzen, die den Raum festlich strahlen liessen.

Die Herzlichkeit dieser Familie war schon am geschmückten Weihnachtsbaum zu erkennen.

Für diesem Menschen, der an der Tür klingelte und aufgenommen wurde, war es das schönste Weihnachtsfest in seinem ganzen Leben!!

Geschrieben

Eine nicht ganz so stille Nacht

Autor: Klaus-Peter Behrens

 

"Ich sollte mich allmählich zur Ruhe setzen."

Müde stapfte der Weihnachtsmann durch den tiefen Schnee. Sein Atem bildete kleine Wolken in der kalten, kristallklaren Luft, die in immer kürzeren Intervallen geradewegs aus den Tiefen seines schneeweißen Bartes zu kommen schienen. Grundsätzlich besuchte der Weihnachtsmann die Kinder am Weihnachtsabend ja gerne, doch dieser Anstieg durch den Wald den Hügel hinauf war wahrlich kein Vergnügen. Schon gar nicht, wenn man mehrere hundert Jahre alt war, dazu noch einen großen Sack mit sich her-umschleppen musste und einem als Lichtquelle nur der gute alte Mond zur Verfügung stand, der es sich nicht nehmen ließ, gelegentlich hinter einer Wolke zu verschwinden. "Vielleicht hätte ich doch Ruphus mitnehmen sollen", überlegte der Weihnachtsmann, während er für einen Moment anhielt, um wieder zu Atem zu kommen. Fast ein wenig neidisch dachte er an den Weihnachtselfen, der es sich vermutlich gerade in dem Rentierschlitten bequem machte und nichts anderes zu tun hatte, als auf die Rückkehr seines Meisters zu warten. Elf musste man eben sein. Sein müder Blick wanderte den Hügel hinauf. Ein warmer Lichtschein fiel dort durch die Bäume und wies ihm so auf den letzten Metern den Weg. "Nun gut, die Pflicht ruft. Wäre doch gelacht, wenn ich den Rest nicht auch noch schaffe", seufzte er und setzte sich wieder in Bewegung.

 

Etwas weiter oben lag Harro, der Hofhund, in seiner Hütte und sinnierte über die Ungerechtigkeit des Lebens. Heute war Heiligabend. Das war nicht zu übersehen. Überall auf dem Hof brannten bunte Lampen, und aus dem Haus roch es zum ersten Mal seit Wochen wieder richtig gut. Ganz offensichtlich wurde dort etwas Schmackhaftes zubereitet, nur ihm würde das vermutlich nicht viel nützen. Missmutig fiel sein Blick auf den Fressnapf, der vor seiner Hütte stand und vor Trockenfutter überlief. "Eigentlich müssen wir ja sparen", hatte sein Herrchen ihm vorhin verkündet und dann sein Futternapf doch bis zum Rand gefüllt. "Aber heute ist Weihnachten. Tut mir leid, alter Junge, aber mehr als Trockenfutter ist nicht drin." Und das zu Weihnachten! Harro war sauer. Am liebsten hätte er jetzt Minka, die alte Hauskatze, über den Hof gejagt und sich ein wenig mit ihr gestritten, doch die war leider diesen Herbst verstorben. Harro vermisste sie. Auch wenn er es ihr nie gegenüber hatte zugeben können, er hatte die alte Katze gemocht. Nun war er das einzige Tier im Haus, und das war langweilig. Noch mehr als er, schien jedoch die fünfjährige Tina unter dem Verlust zu leiden. Seit Minka verstorben war, lief sie nur noch mit Trauermiene herum und schien Harro gar nicht wahrzunehmen. Als ausgewachsener Schäferhund war er eben kein geeigneter Ersatz für eine Angorakatze, egal wie viel Mühe er sich auch gab, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Das Leben war einfach ungerecht. Ein plötzliches Geräusch lenkte Harro von seinen trübseligen Gedanken ab. Wenn ihn sein gutes Gehör nicht täuschte, schlich sich jemand auf der anderen Seite des Hofes den Hügel hinauf. Das war zur Abwechslung einmal interessant. In freudiger Erwartung bleckte Harro die Zähne. Während andere Hunde nun laut bellend den Eindringling begrüßt hätten, liebte Harro den Überraschungseffekt, den er, sehr zum Leidwesen des örtlichen Briefträgers, bis zur Perfektion eingeübt hatte. Leise schlich er im Schatten der Hauswand zur anderen Seite hinüber, verbarg sich hinter einem großen Rhododendronstrauch, der unter der Last des Schnees halb begraben war und wartete auf den Eindringling. Der große Weihnachtshund schien ein Einsehen zu haben und ihm etwas zum Spielen zu schicken. Harro würde sein Geschenk gebührend empfangen.

 

"Meinst du, der Weihnachtsmann hat mich vergessen?"

"Natürlich nicht", beruhigte Maren ihre kleine Tochter. Liebevoll strich sie ihr über das blonde, leicht gewellte Haar und vergaß für einen Moment den ganzen Ärger, der sie zu überrollen drohte. Michael, ihr Mann, hatte vergangenen Sommer seinen Job verloren und bisher keinen neuen gefunden. Mit über vierzig Jahren hatte man ihn bisher überall rigoros abgelehnt. "Zu alt" war die regelmäßige Begründung, auch wenn keiner sich traute, das direkt auszudrücken. Aber zwischen den Zeilen konnte man deutlich lesen, was der wirkliche Grund war. Sie steckten wirklich in der Klemme. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würden sie sogar ihr Haus verkaufen müssen.

"Aber es ist schon spät, und er ist immer noch nicht da."

"Keine Sorge, er wird schon noch auftauchen, Papa hat dafür gesorgt", vertröstete sie die Kleine, "aber ich weiß nicht, ob er dir das Spielzeug schenkt, das du dir wünscht", bereitete sie ihr Kind auf eine mögliche Enttäuschung vor, denn das Geld reichte dieses Jahr nicht für große Geschenke. Mit ihrem Mann hatte sie sogar abgemacht, sich gegenseitig gar nichts zu schenken und das, obwohl sie doch einen Herzenswunsch hatte.

"Ich habe mir kein Spielzeug gewünscht", erwiderte Tina ernsthaft.

"Was dann?"

"Das darf ich nicht verraten, sonst geht es nicht in Erfüllung."

"OK, verstehe. Na, dann lassen wir uns eben überraschen, und nun lass Mami weiter arbeiten. Ich muss noch viel erledigen, bevor der Weihnachtsmann kommt."

"Ist gut." Wie der Wirbelwind verschwand Tina aus dem Zimmer, wobei sie fast Michael umgerannt hätte, der gerade im Begriff war, eine Girlande aufzuhängen.

"Du hast doch den Studentendienst nicht vergessen?", hakte Maren vorsichtig nach. Sie mussten zwar sparen, aber der Weihnachtsmann vom Studentendienst kostete nun wirklich nicht die Welt. Das hatte allerdings auch seinen Grund.

"Nein, obwohl ich das für Unsinn halte. Wenn ich nur an das letzte Jahr zurück denke. Der Typ, den sie uns geschickt hatten, war vor lauter Alkohol so weggetreten, dass er vom Schlitten fiel und die ganze Zeit wie ein Vodoopriester auf Valium vor sich hin grinste."

"Ja, ho, ho, hol mir mal ein Bier", kam wirklich nicht so gut an", gab Maren kleinlaut zu, "aber diesmal haben sie versprochen, jemand mit Erfahrung zu schicken."

"Vielleicht sollte ich mich dort bewerben. Mit meinem Alter wäre doch gut qualifiziert."

"Michael!"

"Tut mir leid, aber ich hatte heute schon wieder Post."

"Absagen?", hauchte Maren ängstlich. Michael nickte.

"Verbunden mit den besten Weihnachtswünschen. Reizend, nicht wahr? Vielleicht sollte ich wirklich auf Weihnachtsmann umsatteln. Das wäre doch einmal ein lockerer Job."

 

Diese Einschätzung konnte der Weihnachtsmann gar nicht teilen. Nachdem er endlich schwer prustend sein Ziel erreicht hatte, musste er feststellen, dass dieses von einem Jägerzaun umgeben war. Ihm blieb auch nichts erspart. Natürlich hätte er auch den Weg durch die Gartenpforte nehmen können, aber er wollte ja unbemerkt bleiben. Also wählte er den Weg über die Rückseite des Gartens und hievte ächzend ein Bein über den erstaunlich hohen Zaun. Prompt blieb er mit dem Hosenboden an einem der spit-zen Pfähle hängen. "Verdammt, das fehlt mir noch", fluchte er, während er wenig elegant das zweite Bein über den Zaun beförderte, das Gleichgewicht verlor und erst einmal der Länge nach mit dem Gesicht voraus im Schnee verschwand.

 

Harro war gelinde gesagt enttäuscht. Einen Einbrecher hatte er sich anders vorgestellt. Gut, der Typ schleppte einen großen Sack mit sich herum, was seine Absichten aus der Perspektive des Hundes hinreichend dokumentierte. Trotzdem, in dem Alter sollte man nach Harros Meinung besser im Schaukelstuhl sitzen und nicht in einem abgefahrenen Kostüm Einbrüche verüben. Harro bezweifelte, dass es Spaß machen würde, den Einbrecher, der sich gerade wie ein altersschwacher Bär aus dem Schnee hoch kämpfte, über den Hof zu jagen. Aber egal, man nimmt was man vor die Schnauze bekommt. Vielleicht würde er ja munterer werden, wenn er ihn mit seinen Zähnen bekannt machen würde. Das war eine gute Idee. Auf steifen Beinen verließ Harro sein Versteck. Das Spiel konnte beginnen.

 

"Das ist das letzte Mal", fluchte der Weihnachtsmann leise vor sich hin, während er den verbliebenen Schnee von seinem roten Mantel klopfte. Eine Inspektion seiner Kehrseite bestätigte ihm, dass dort ein erschreckend großer Riss klaffte. Verfluchter Jägerzaun. Seufzend brach er die weitere Überprüfung ab. Zumindest hatte er sich nichts gebrochen, und das war die Hauptsache. Nun musste er nur noch seine Aufgabe erledigen, doch die war nicht gerade leicht. Sein Blick wanderte über die weiße Fassade des hübschen Einfamilienhauses, das mit seinen hölzernen Fensterläden und der bunten Beleuchtung in dem tief verschneiten, großzügigen Garten fast wie eines dieser Kerzenhäuser aus den Weihnachtsboutiquen wirkte. Sorgfältig musterte der Weihnachtsmann die hell erleuchteten Landhausfenster der ersten Etage, bis sein Blick an einem Fenster hängenblieb, das mit lauter Weihnachtsmalereien geschmückt war. Auf der Fensterbank saß ein Bär, der lässig eine Weihnachtsmütze über seinem rechten Ohr trug und in den Garten hinab sah. Die schwarzen Knopfaugen schienen ihn vorwurfsvoll anzustarren, und der Weihnachtsmann hätte schwören können, dass der Bär mitleidig sein Stoffhaupt schüttelte. Der Weihnachtsmann schnaubte. Wer interessierte sich schon für die Meinung eines altklugen Stoffbären? Zumindest wusste er nun, wo er hin musste. Mit einem Seufzen langte er nach seinem schweren Sack und erstarrte. Soweit er sich erinnern konnte, bestand dieser aus stabilem, von Elfenhand gewebtem Sackleinen, nicht jedoch aus struppigem Fell. Auch hatte er keine elfenbeinfarbenen Reißzähne gehabt. Erschrocken riss er die Hand zurück.

"Hallo", knurrte Harro in seiner tiefsten Tonlage und stellte erfreut fest, dass die rosigen Wangen des Einbrechers plötzlich blass geworden waren. "Hast du dich verlaufen?"

 

"Sag mal, hat da nicht eben jemand um Hilfe gerufen?", fragte Maren irritiert. Sie war überzeugt, gerade einen verzweifelten Hilfeschrei, gefolgt von einem freudigen Bellen und Knurren, vernommen zu haben.

"Ich habe nichts gehört."

"Und wenn Harro gerade den Studenten verspeist?"

"Dann sparen wir Trockenfutter."

Maren verzog wütend den Mund. Mit ihrem Mann konnte man im Augenblick wirklich nicht allzuviel anfangen. "Schon gut, dann sehe ich eben nach", schnaubte sie und schritt energisch zur Vordertür.

 

"Das war wahrlich in letzter Sekunde." Mit dem, was von seinem rechten, roten Ärmel übrig geblieben war, wischte sich der Weihnachtsmann über die schweißnasse Stirn, dann schlug er dem Elfen Ruphus dankbar auf die Schulter. "Was würde ich nur ohne deine Zaubertricks machen?"

"In der Klemme stecken", versetzte der Elf, während er grinsend den armen Harro betrachtete. Der fand das Ganze weniger komisch. Gerade noch hatte er sich so gut mit seinem Spielzeug amüsiert und nun, von einem Moment auf den anderen, konnte er kein Glied mehr rühren. Selbst seine Schnauze, aus der noch einige rote Stofffetzen heraushingen, war wie gelähmt. Er würde sich beim großen Weihnachtshund beschweren und sein Geschenk umtauschen.

"Solltest du nicht auf den Schlitten aufpassen?", versuchte der Weihnachtsmann abzulenken.

"Klar, aber ich kenne Euch ja schon ein paar hundert Jahre, und in letzter Zeit habt Ihr immer Hilfe gebraucht."

"Unsinn", wiegelte der Weihnachtsmann ab, während er beobachtete, wie der Elf mit einer lässigen Handbewegung Harro in seine Hütte zurück beförderte. Es war schon ungerecht, dass Zaubern nur den Elfen vorbehalten war.

"Ich erinnere mich noch gut an das letzte Jahr, als Ihr Euch im Zimmer geirrt hattet und um Haaresbreite als Sittenstrolch verhaftet worden wäret."

"Ach das.." Verlegen rückte der Weihnachtsmann sein mitgenommenes Wams zurecht.

"Oder als man Euch in Texas für einen Viehdieb gehalten und auf Euch geschossen hat. Gut war auch die Geschichte in Australien..."

"Schluss jetzt", unterbrach der Weihnachtsmann die Aufzählung. "Ich habe zu arbeiten, außerdem kommt jemand."

Während Weihnachtsmann und Elf sich in den Schatten der seitlichen Hauswand duckten, ging an der Vorderseite des Hauses die Tür auf. Eine Frau trat ins Freie und sah sich aufmerksam um.

"Und?", erklang eine gelangweilte Männerstimme aus dem Inneren.

"Falscher Alarm, Harro liegt friedlich in seiner Hütte." Die Frau verschwand wieder und schloss die Tür hinter sich. Harro konnte es nicht fassen. Sah denn keiner was hier los war? Dafür atmete der Weihnachtsmann erleichtert auf. "Das war knapp", gab er zu und schritt zur Rückseite des Hauses. Ruphus folgte ihm amüsiert. "Also weiter im Text. Ich muss da oben hinein." Mit dem Finger wies der Weihnachtsmann auf die bemalte Scheibe, hinter der noch immer der Bär thronte. Sein Blick schien zu sagen: Hier kommst du nicht rein.

"Gut, dass Ihr so durchtrainiert seid", spottete Ruphus mit einem bezeichnenden Blick auf den immensen Bauch des Weihnachtsmannes, der sein Wams bedenklich spannte.

"Das macht eine Woche Rentierstriegeln extra", knurrte der Weihnachtsmann beleidigt und begab sich auf die Suche nach einer einfacheren Zutrittsmöglichkeit. Irgendwie würde er schon in dieses Haus kommen. Er spürte, dass die kleine Tina ihn brauchte. Viele Wünsche von Kindern gingen ihm im Laufe eines Jahres auf geheimnisvolle Weise zu. Doch leider wünschten sich diese, sehr zum Mißfallen des Weihnachtsmannes, nur Spiele für ihre Computer oder Spielekonsolen, bei denen regelmäßig ganze Monsterhor-den von einem degenerierten Helden unter Zuhilfenahme diverser Hypermegaüberkillwaffen vom Bildschirm gepustet wurden. Der Weihnachtsmann seufzte unbewusst. Wo war nur die Zeit geblieben, als er noch mit einer Holzeisenbahn aus seinem Rucksack ein Lächeln auf jedes Kindergesicht zaubern konnte? Vergangen, wie so vieles. Doch bei Tina war das anders, ganz anders. "Lieber Weihnachtsmann", hatte sie ihren Wunsch begonnen, "ich wünsche mir nur zu wissen, dass es Minka im Katzenhimmel gut geht. Mehr nicht! Bitte, bitte sag mir, ob sie gut angekommen ist. Sie ist nämlich schon ein bischen alt und sieht nicht mehr so gut. Ich wünsche mir nur, dass du ihr hilfst, falls sie sich auf dem Weg nach oben verflogen hat. Ich warte auf deine Antwort." Der Weihnachtsmann war gerührt und hatte Tinas Wunsch ganz oben auf die Liste gesetzt. Klar ging es Minka gut. Liebe Katzen kommen in den Himmel. Keine Frage! Und das würde er Tina mitteilen, außerdem hatte er da noch etwas in seinem Sack, das sie vielleicht ein wenig trösten würde.

"Und, schon eine Möglichkeit gefunden?", riss Ruphus ihn aus seinen Gedanken.

"Hier ist noch eine Tür", erwiderte der Weihnachtsmann leise. Tatsächlich befand sich auf der Rückseite des Hauses eine weitere Tür, hinter der sich eine strahlend hell er-leuchtete Küche im Landhausstil verbarg. Wie sie von da allerdings unerkannt ins Zimmer der kleinen Tina gelangen sollten, blieb vorerst ein Rätsel. Dafür tat sich ein neues Problem auf. Während der Weihnachtsmann noch nachdenklich vor der hell er-leuchteten Küchentür stand, öffnete sich diese plötzlich wie von selbst, und im Türrahmen erschien ein kräftig gebauter Mann.

"Da sind Sie ja. Wurde auch langsam Zeit", begrüßte er den verdutzten Weihnachtsmann. "Na, wenigstens haben Sie das mit der Hintertür nicht vergessen. Aber wer ist das?" Mit erstauntem Gesichtsausdruck deutete er auf Ruphus, der seine spitzen Oh-ren unter seiner Wollmütze verschwinden ließ.

"Gestatten, Ruphus, Weihnachtself", stellte er sich vor.

"Ich habe nur einen Mann bestellt und werde auch nur für einen bezahlen", knurrte Michael unfreundlich zurück.

"Oh, der ist umsonst", wiegelte der Weihnachtsmann, der allmählich seine Fassung wieder zurück erlangte, ab.

"Na schön, dann kommt rein." Michael trat zur Seite und machte eine auffordernde Handbewegung. Zögernd leisteten Weihnachtsmann und Elf der Einladung Folge. Er-freut stellten sie fest, dass es in der Küche wie in ihrer heimischen Weihnachtsbäckerei am Nordpol roch. Auf der Arbeitsplatte standen fein säuberlich aufgereiht diverse Schüsseln mit selbst gebackenen Keksen, und im Ofen brutzelte irgendetwas vor sich hin, das Ruphus das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

"Die Maske ist gut", stellte Michael nüchtern fest, nachdem er den Weihnachtsmann näher in Augenschein genommen hatte. "Sie könnten glatt für hundert Jahre durchgehen."

"Danke", erwiderte der Weihnachtsmann erfreut. "Sport lohnt sich eben doch."

Michael sah ihn daraufhin misstrauisch an. "Sie haben doch nichts getrunken?"

Weihnachtsmann und Elf schüttelten demonstrativ den Kopf. Erst jetzt fiel Michael der zerfledderte Ärmel des Weihnachtsmannes auf, der seiner Aufmerksamkeit bisher entgangen war. "Was ist denn damit passiert?", fragte er irritiert. Verlegen versuchte der Weihnachtsmann seinen Ärmel hinter dem Rücken zu verbergen.

"Motten", half Ruphus dem Weihnachtsmann mit einer Erklärung aus der Patsche.

"Ganz schön gefräßig", stellte Michael beeindruckt fest.

"Oh ja, besonders die eine Plage hatte ziemlich große Zähne." Der Weihnachtsmann nickte bestätigend bei der Erinnerung an Harro, den Hofhund.

"Wann werde ich je erleben, dass die uns einmal einen vernünftigen Mann schicken?" Michael seufzte, worauf der Weihnachtsmann beleidigt das Gesicht verzog. "Na schön, das ist jetzt nicht zu ändern", fuhr Michael fort. "Nehmen Sie Platz, ich erkläre Ihnen gleich, was Sie tun sollen, doch zuerst muß ich dafür sorgen, dass wir nicht gestört werden. Das dauert nicht lange." Ohne ein weiteres Wort verschwand er durch die Küchentür und ließ einen verdutzten Weihnachtsmann nebst Elf zurück.

"Wie meint er das? Er erklärt uns, was wir tun sollen?", fragte der Weihnachtsmann irritiert, während sie sich in die kleine, halbrunde Eßecke, die an der Stirnseite der Küche halb unter dem gemütlichen Küchenfenster stand, zwängten. Er war ja schon eine ganze Weile im Amt, aber so eine Behandlung war ihm noch nicht untergekommen.

"Ich schätze, er verwechselt uns mit jemanden", spekulierte Ruphus, während er sehn-süchtig die Keksschalen ins Auge fasste.

"Wie kann man mich verwechseln? Sehe ich vielleicht aus wie der Osterhase?", fauchte der Weihnachtsmann empört.

"Naja, wenn man da etwas mit den Ohren machen würde..."

"Ruphus!"

"Schon gut, ich denke, er hält Euch für einen Mitstudenten, der den Weihnachtsmann spielen soll", klärte Ruphus ihn auf.

"Oh.."

"Tja, ich schätze, wir bekommen ein ernstes Problem, wenn der echte Miet-Weihnachtsmann hier auftaucht. Vielleicht sollten wir besser wieder verschwinden."

"Nicht bevor ich die kleine Tina glücklich gemacht habe", erwiderte der Weihnachtsmann entschlossen. Liebevoll tätschelte er den großen Sack, aus dem zu Ruphus Erstaunen ein klägliches Miauen ertönte. Doch er zuckte nur die Achseln. Was das Be-schenken anging, duldete der Weihnachtsmann keine Kritik. Dafür stellte Ruphus etwas anderes fest.

"Hier ist nicht nur Tina unglücklich", bemerkte er, wobei er sich durch einen großen Haufen Papier wühlte, der plötzlich mitten auf dem Tisch wie von Zauberhand erschienen war. "Ihre Bewerbung" war auf vielen der Schreiben zu lesen, andere trugen die Überschrift "Letzte Mahnung".

"Lass das sofort wieder verschwinden", fauchte der Weihnachtsmann erschrocken.

"Das auch?" In der Hand hielt Ruphus einen zerfledderten Reiseführer über Paris. Neben dem Bild des Eiffelturms, der die Titelseite schmückte, war handschriftlich notiert "Hochzeitstag in Paris?" Weiter unten befand sich eine weitere Notiz. "Wahrscheinlich nicht, schade", war dort zu lesen.

"Scheint so, als ob es hier noch ein wenig mehr Arbeit zu erledigen gibt", seufzte der Weihnachtsmann. Ruphus nickte kurz, und die Ansammlung von Post nebst Reiseführer verschwand auf genauso wunderliche Weise, wie sie erschienen war. Gerade noch rechtzeitig, denn just in diesem Moment öffnete sich die Küchentür, und Michael kehrte zurück, gefolgt von seiner Frau.

"Frohe Weihnachten", begrüßte Maren den Weihnachtsmann nebst Begleitung, die auf sie einen erschrockenen Eindruck machten, so als hätte man sie beinahe bei etwas er-wischt. Ihr Blick streifte besorgt den großen Sack der auf dem Boden stand, doch eine kurze Inspektion der Küche lieferte keinen Anhaltspunkt dafür, dass etwas fehlte. Selbst die Kekse sahen noch vollzählig aus.

"Frohe Weihnachten", erwiderte der Weihnachtsmann mit tiefer Stimme. "Und was wünscht du dir zur Weihnachten, Maren?"

"Sie wünscht sich nichts! Und hören Sie auf, uns mit dem Vornamen anzureden", erwiderte Michael. Der Weihnachtsmann sah plötzlich verärgert aus.

"Du bist sehr unfreundlich, Michael! Außerdem stimmt das nicht. Deine Frau hat sehr wohl einen Wunsch. Habe ich Recht?" Auffordernd sah der Weihnachtsmann Maren an, die rot anlief.

"Nun ja, eigentlich schon, aber dieses Jahr wollen wir darauf verzichten", brachte sie zögernd hervor.

"Aber Schatz, ich dachte.."

"Sie wünscht sich eine Reise nach Paris, zum Hochzeitstag, ist doch nicht schwer zu erraten", warf Ruphus lässig ein. Verwirrt irrte der Michaels Blick zwischen Weihnachtsmann, Elf und seiner Frau hin und her.

"Woher wollen Sie das wissen?"

"Das würde mich auch interessieren?", hakte Maren nach. Der Weihnachtsmann lächelte sie gutmütig an.

"Du hast es dir doch gewünscht, und alle Wünsche gehen auf verschlungenen Pfaden dem Weihnachtsmann zu", erklärte er.

"Jetzt verstehe ich." Liebevoll sah Maren Michael an. "Du hast es ihm verraten, um mich zu überraschen. Oh Hase, das war lieb von dir." Sie strahlte über das ganze Gesicht. "Du hast doch an meinen Wunsch gedacht. Hast du schon gebucht?"

Michael fing an zu schwitzen. Er hatte das Gefühl, plötzlich in eine Bärenfalle getappt zu sein, aus der es kein Entkommen gab. "Nun..", stotterte er, während er sich über das gutmütige Grinsen des Weihnachtsmanns ärgerte. "Ehrlich gesagt, habe ich nichts ....." Das Klingeln der Türglocke rettete ihn vor einer Erklärung.

"Wer kann das sein?", fragte Maren erstaunt.

"Ich schätze, ich habe da so eine Vermutung", seufzte Ruphus.

 

Vor der Tür wartete Thomas, Jura-Student im siebten Semester, in seinem schon leicht mitgenommenen Weihnachtsmannkostüm. Dies war nun schon sein neunter Auftritt für heute, und dementsprechend motiviert war er. Die ersten zwei bis dreimal waren ja noch ganz lustig gewesen, doch spätestens beim vierten Mal hatte ihn der Job zu nerven begonnen. Wahrscheinlich würden ihn die Weihnachtslieder, die die Kinder ihm mit quietschenden Stimmen vorgesungen hatten, noch im nächsten Sommer verfolgen. Zum Glück hatte der eine oder andere Hausherr Mitleid gehabt und ihm gelegentlich etwas zum Trinken angeboten. Das hatte das Ganze ein wenig erträglicher gemacht. Er seufzte bei dem Gedanken, was ihn in diesem Haus wieder erwarten würde, während er erneut auf die Klingel drückte. Wollten die ihn hier erfrieren lassen? Dies war seine letzte Tour für heute, und er wollte endlich nach Hause! Gelegentlich warf er einen nervösen Blick auf die Hundehütte, in der ein beeindruckend großer Schäferhund lag. Doch zum Glück hatte der sich bisher nicht gerührt. Das Drehen des Schlüssels im Schloss der Haustür riss Thomas aus seinen Gedanken. Anscheinend hatte man ihn endlich gehört. Innerlich gab er sich einen Ruck, es war wieder Showtime.

 

"Ho, ho, ho, von draußen vom Walde komme ich her und ....."

"Das ist doch logisch, schließlich leben wir im Wald", unterbrach Tina, die als Erste zur Tür gerannt und diese geöffnet hatte, Thomas Vortrag. Der war verblüfft. "Ähh, ja, da ist was dran", stotterte er. "Also, Kleine, kann ich mal deine Eltern sprechen."

"Wo ist denn dein Rentierschlitten?" Neugierig sah Tina sich im Garten um, doch alles was sie entdeckte war ein betagter VW-Golf, der vor ihrer Gartentür parkte. Thomas seufzte. Wieder so ein Kind, das ihn mit Fragen quälte. "In der Inspektion", erwiderte er sarkastisch. "Hör mal, ich würde jetzt wirklich gerne deine Eltern sprechen." Tina sah ihn mißtrauisch an. Dieser Weihnachtsmann entsprach so gar nicht den Bildern aus ihren Büchern. So weit sie sich erinnern konnte, trug der Weihnachtsmann auch keine ausgetretenen Turnschuhe und Jeans unter seinem roten Mantel. "Du bist gar nicht der Weihnachtsmann", stellte sie energisch fest.

"Bin ich doch, und ich habe sogar eine große Rute mitgebracht", knurrte Thomas verärgert, dem allmählich klar wurde, dass er sich von seinem Honorar verabschieden konnte, wenn es nicht schaffen sollte, seine Rolle überzeugend zu spielen. Und im Augenblick sah es nicht so aus, als würde ihm das gelingen.

"Wenn du der Weihnachtsmann bist, dann weißt du auch, was ich mir gewünscht habe", gab Tina ihm eine letzte Chance. Hoffnungsvoll sah sie zu ihm auf. Vielleicht hatte sie sich ja geirrt, und dies war wirklich der Weihnachtsmann.

"Na klar, jede Menge Spielzeug", bluffte Thomas aufs Geratewohl.

"Falsch!"

"Hey, mach die Tür wieder auf!" Ein dumpfes Klopfen ertönte, das Tina jedoch unbeeindruckt ließ. Im Eilschritt lief sie den Flur entlang und dann die Treppe hinauf. Beinahe hätte sie dabei zum zweiten Mal an diesem Abend ihren Vater überrannt, der gerade aus der Küchentür trat.

"Wer war denn an der Tür?", rief er seiner Tochter hinterher.

"Ein Betrüger", schallte es von oben zurück, gefolgt von einem lauten Knallen einer Zimmertür. Michael zuckte die Achseln. Heute war wirklich ein verrückter Tag. "Ja, ja, ich komme ja schon", rief er, als erneut das ungeduldige Klingeln an der Haustür ertön-te.

"Ho, ho, ho, von draußen vom Walde komme ich...", setzte Thomas zu einem zweiten Versuch an, doch auch diesmal schaffte er es nicht, seinen Vortrag zu Ende zu bringen.

"Was wollen Sie denn hier?", fragte Michael beim Anblick des schlecht verkleideten Studenten, der über eine beachtliche Alkoholfahne verfügte, erstaunt. Der ließ resigniert die Schultern hängen. Entweder hatte sich die gesamte Hausgemeinschaft gegen ihn verschworen oder er war Opfer der versteckten Kamera geworden.

"Ihnen den neuen Hyper-Turbo-Staubsauger mit wieder verwendbarem Jutestaubsack andrehen", brummte er, wobei er Michael seinen Weihnachtssack unter die Nase hielt. "Ich hoffe, ihnen gefällt die Ausführung. Den Besen gibt es gratis dazu."

 

In der Küche versuchten inzwischen der Weihnachtsmann und Ruphus verzweifelt mitzubekommen, was draußen an der Tür passierte. Doch angesichts des Umstandes, dass Maren ihnen begeistert von Paris vor schwärmte, erwies sich das als aussichtslos. Ein plötzlicher Ruf Michaels unterbrach ihren Vortrag.

"Schatz, kommst du bitte mal. Hier stimmt etwas nicht."

"Sie entschuldigen mich, ich bin gleich wieder da." Maren verschwand aus der Küche.

"Jetzt sitzen wir in der Falle." Der Weihnachtsmann seufzte. Ruphus legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter.

"Keine Sorge, mir fällt schon etwas ein. Wozu kann ich schließlich zaubern?"

 

Tina lag tief enttäuscht auf ihrem Bett, das Gesicht im Kissen vergraben. Was würde der Weihnachtsmann wohl dazu sagen, wenn er von diesem Betrüger wüsste?, fragte sie sich, als eine tiefe Stimme sie erschrocken hoch fahren ließ.

"Na, wer wird denn am Weihnachtsabend weinen?"

"Bist du der echte Weihnachtsmann?", flüsterte Tina beim Anblick des weißbärtigen, gütig wirkenden Mannes in dem roten Anzug, wobei sie Ruphus argwöhnisch betrachtete. Ihr war schleierhaft, wie die beiden so plötzlich in ihrem Zimmer auftauchen konn-ten. Fast kam es ihr vor, als sei hier Zauberei im Spiel. Der Weihnachtsmann bückte sich zu ihr hinunter und strich ihr liebevoll über das Haar.

"Ja, ich bin der einzig wahre Weihnachtsmann, und das ist mein Gehilfe Ruphus. Du brauchst keine Angst zu haben."

"Habe ich auch nicht", erwiderte Tina trotzig, obwohl ihre Stimme ein wenig zitterte. "Aber wenn du der echte Weihnachtsmann bist, dann weißt du auch, was ich mir gewünscht habe."

Der Weihnachtsmann nickte und öffnete seinen Sack. Tinas Augen wurden groß, als sie sah, was der Weihnachtsmann vorsichtig zutage förderte. Eine kleine, schwarz weiß gemusterte Katze. "Minka lässt dich übrigens grüßen. Es geht ihr gut im Katzenhimmel, und sie hofft, dass du auf diese Kleine hier aufpassen wirst. Bekommst du das hin?"

Tina nickte stumm, während eine einzelne Träne über ihre Wange lief.

"Danke", flüsterte sie leise, dann sah sie den Weihnachtsmann ehrfürchtig an. "Du bist wirklich echt!", staunte sie. Der Weihnachtsmann schmunzelte. "Oh ja, das bin ich, aber nun muss ich wieder los." Nervös sah er zu Ruphus hinüber. "Hol den Schlitten. Und laß dir etwas für diesen falschen Weihnachtsmann einfallen, damit wir Zeit gewinnen."

"Schon geschehen", antwortete Ruphus amüsiert.

 

In seiner Hütte stellte Harro begeistert fest, dass er die Kontrolle über seine Gliedmaßen zurückbekommen hatte. Nun war es an der Zeit, den Eindringlingen zu zeigen, wer der Hund auf diesem Hof war. Sein Blick fiel auf den Mann in dem lächerlichen roten Kostüm, der sich heftig mit seinen Leuten stritt. Er sah zwar mit seinem weißen Bart aus wie ein alter Mann, aber Harro konnte riechen, dass das nicht stimmte. Der Mann war ein Betrüger, und Harro mochte keine Betrüger. Er hatte schon eine Idee, wie er sich dem Unbekannten vorstellen würde. In froher Erwartung zog er die Lefzen zurück, so dass sich das Mondlicht auf seinen Zähnen spiegelte. Für einen kurzen Augenblick zögerte er und hob irritiert den Kopf. War da nicht eben etwas Großes lautlos zur anderen Seite des Hauses hinüber geflogen? Ein Schlitten, der von seltsamen Tieren gezogen wurde? Argwöhnisch musterte er den Himmel, an dem jedoch nur der Mond in einem Meer aus lauter kleinen Wolken schwamm. Unwillig schüttelte Harro den Kopf. Jetzt litt er schon unter Wahnvorstellungen. Es war an der Zeit, sich auf das zu konzentrieren, was er vor der Schnauze hatte, und das leuchtete verlockend rot. Harro setzte sich leise in Bewegung.

 

"Toll, ein echter Rentierschlitten, und er kann fliegen." Tina war begeistert. "Nehmt ihr mich mit?", fragte sie den Weihnachtsmann, der gerade dabei war, mit der Hilfe von Ruphus durch das geöffnete Fenster auf den Schlitten zu klettern. Die Augen des Stoffbären, der bei diesem Manöver wie zufällig von der Fensterbank gefallen war, schienen zu sagen: Das schaffst du nie.

"Das geht leider nicht", ächzte der Weihnachtsmann, während er einen halsbrecherischen Spagat zwischen Fensterbank und Schlittenkufe zu Wege brachte, der jeden Stuntman vor Neid hätte erblassen lassen. "Noch mehr Gewicht verträgt der Schlitten nicht."

 

Auf der anderen Seite des Hauses ging es inzwischen lautstark zu.

"Sie verschwinden jetzt von unserem Grundstück. Ein betrunkener Student, der dazu noch meine Tochter verängstigt hat, kommt uns nicht ins Haus", fauchte Maren wütend.

"Nicht ohne mein Geld. Wir haben einen Vertrag."

"Das können Sie mit Harro aushandeln."

"Wer ist Harro?"

Statt zu antworten, wies Michael nur lässig auf etwas oder jemanden hinter Thomas. Ein tiefes Knurren, das plötzlich hinter seinem Rücken ertönte, ließ Thomas schlucken.

"Ärgern Sie ihn nicht zu sehr, er ist sehr sensibel", spottete Maren.

"Warten Sie, ich..", setzte Thomas an und brach ab, als er sich unvermittelt der geschlossenen Tür gegenüber sah.

 

"Meinst du, Harro wird ihm etwas antun?", fragte Maren mit leichter Besorgnis in der Stimme. Immerhin war Weihnachten, da sollte man Milde walten lassen. Michael winkte beschwichtigend ab.

"Ach was, er wird ihn nur ein wenig durch den Garten jagen, wie er es immer mit dem Postboten macht. Das schadet nicht und ist gut für die Fitness. Er wird uns dankbar sein." Ein lautes Bellen, gefolgt von einem heftigen Fluchen, ließ Michael aufhorchen. Dann ertönte das laute Klappen der Gartentür, und einen Augenblick später heulte ein altersschwacher VW-Golf Motor auf. Dem Tempo nach zu urteilen, mit dem er leiser wurde, hatte der Fahrer es eilig, Distanz zwischen sich und dieses Haus zu bringen. "Siehst du, er hat es geschafft."

"Oder Harro fährt den Wagen und jagt ihn jetzt den Berg hinunter."

Michael lachte. "Nette Idee, aber jetzt würde ich zu gerne wissen, wo dieser Weihnachtsmann in unserer Küche herkommt. Der kam mir gleich ein wenig suspekt vor." Energisch schritt Michael den Flur hinunter, öffnete die Küchentür und blieb verblüfft stehen. "Er ist verschwunden", stellte er erstaunt fest.

"Wo ist er hin?"

"Keine Ahnung, vielleicht füllt er gerade seinen Sack mit unserer Stereoanlage."

"Dann sollten wir ihn schleunigst finden."

 

Eine Etage höher hatte der Weihnachtsmann inzwischen das Wunder vollbracht und war sicher auf dem Schlitten gelandet. Der hatte zwar bedenklich geschwankt, so dass Tina erschrocken die Luft angehalten hatte, aber letztlich war nichts weiter passiert.

"Auf Wiedersehen lieber Weihnachtsmann."

"Auf Wiedersehen Tina, und pass gut auf die Kleine auf", erwiderte er und wies auf die Katze, die es sich auf Tinas Armen gemütlich gemacht hatte. Sie sah mindestens so glücklich aus wie Tina.

"Ach ja, da wäre noch etwas", bemerkte Ruphus, der aus seinem grünen Umhang ein offiziell aussehendes Schreiben hervor zog. "Gib das deinem Vater und sag ihm, ich hätte den Brief vorhin auf dem Weg gefunden. Wahrscheinlich hat er ihn verloren. Vergiss das bitte nicht, es ist wichtig."

Tina nickte stumm und nahm den Brief entgegen, der auf wundersame Weise vom Schlitten ins Zimmer hinüber geschwebt war.

"Und nun leb wohl."

"Auf Wiedersehen", rief Tina, "bis zum nächsten Jahr", dann verschwand der Schlitten wie ein Gespenst in der Nacht.

 

"Den Brief hast du doch nicht wirklich gefunden", stellte der Weihnachtsmann fest.

"Sagen wir, ich habe ein wenig nachgeholfen, außerdem habe ich noch eine kleine Überraschung vorbereitet", erwiderte Ruphus mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Der Weihnachtsmann schnaufte gutmütig. "Ich sehe schon, in ein paar hundert Jahren trägst du einen langen weißen Bart und machst meinen Job."

"Tja, wer weiß, möglich ist alles. Vielleicht sollte ich meine Berufsplanung noch einmal überdenken", bemerkte Ruphus, worauf beide in ein so herzhaftes Gelächter ausbrachen, dass die Rentiere beinahe vom Kurs abgekommen wären. "Na, dann wollen wir mal sehen, was uns als nächstes erwartet."

 

"Was machst du denn da?" Erstaunt betrachtete Maren ihre kleine Tochter, die vor dem offenen Fenster stand und in den Himmel starrte. Erst jetzt entdeckte sie, dass Tina etwas auf dem Arm trug. "Und wo kommt die Katze her?"

"Die hat mir der Weihnachtsmann geschenkt, und er hat gesagt, dass es Minka gut geht. Ist das nicht toll?"

"Ja, das ist toll, mein Schatz. Michael, kommst du mal, ich glaube, sie sind hier hin-aus." Vorsichtig ging Maren zum Fenster hinüber und spähte in den Garten hinab, doch da war nichts zu sehen.

"Kannst du etwas entdecken? Hey, Tina, wo kommt denn die Katze her?"

"Hat sie vom Weihnachtsmann", erwiderte Maren an Tinas Stelle.

"Und das hat mir der Weihnachtself für dich gegeben. Er hat es gefunden."

"Zeig mal her." Erstaunt nahm Michael seiner Tochter den Brief ab, öffnete ihn und begann zu lesen. Maren, die inzwischen das Fenster schloss, warf ihm einen besorgten Blick zu. So einen Gesichtsausdruck hatte sie bei ihrem Mann schon lange nicht mehr gesehen. "Was steht denn da drin?", wollte sie wissen.

"Das glaubst du nicht!" Michael jubelte begeistert, worauf die Katze verängstigt von Tinas Armen sprang und sich unter einem Stuhl versteckte. "Ich habe einen neuen Job!"

"Was?" Aufgeregt rannte Maren zu Michael hinüber und riss ihm den Brief aus der Hand. Ihre Augen flogen über den Text. "Tatsächlich", stellte sie ungläubig fest. "Das ist ein Wunder." Als hätten sie den gleichen Gedanken gehabt, fuhren ihre Köpfe zum Fenster hinüber, wo angeblich der Weihnachtsmann verschwunden war.

"Glaubst du ..?", fragte Maren zögernd.

"Ehrlich gesagt ...." Michael stockte. Seine Welt war mit einem Mal ins Wanken geraten. Hatte er etwa wirklich den Weihnachtsmann in seine Küche geschleppt? Tinas Blick irrte zwischen ihren Eltern hin und her. Konnte das sein, dass die etwa nicht an den Weihnachtsmann glaubten? Energisch stampfte sie mit dem Fuß auf.

"Natürlich war das der Weihnachtsmann!", stellte sie kategorisch fest.

Michael nickte, bückte sich und hob die kleine Katze auf, die noch immer unter dem Stuhl hockte. Er sah fragend zu Maren hinüber, die unbemerkt von Tina ihre Zustimmung signalisierte, dann wandte er sich seiner Tochter zu. "Natürlich war das der Weihnachtsmann", sagte er und stellte erstaunt fest, dass er selbst ein wenig daran glaubte, "und einen neuen Hausbewohner hat er uns auch noch gebracht. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Und nach Paris kommen wir auch noch." Liebevoll zwinkerte er seiner Frau zu.

 

Harro hatte inzwischen seine Posten am Gartentor aufgegeben. Er bezweifelte, dass sein Opfer noch einmal zurückkehren würde. Das war schade, denn es hatte Spaß gemacht, den Fremden durch den Garten zu jagen. Während er zurück zu seiner Hütte trottete, meldeten sein feines Gehör ihm, dass seine Leute etwas taten, was sie als Singen bezeichneten und Harro regelmäßig in den Ohren weh tat. Doch da sie immer nur dann sangen, wenn sie glücklich waren, nahm Harro es gelassen hin. Wenigstens ging es seinen Leuten gut. Plötzlich jedoch stieg ihm der Geruch von Gebratenem in die Nase. Überrascht blieb er stehen und hob witternd die Nase. Kein Zweifel! Der Geruch kam direkt von seiner Hütte. Begeistert rannte er hinüber und stellte verblüfft fest, dass sich sein Trockenfutter in einen riesigen Haufen seiner Lieblingsfleischstücke verwandelt hatte. Der große Weihnachtshund hatte ihm also doch nicht vergessen. Einen Augen-blick zögerte er noch, hineinzubeißen, da ihm die Sache nicht geheuer vorkam, doch dann überwand er seine Scheu. Schließlich lautete seine Devise, man nahm, was man vor die Schnauze bekam.

Geschrieben

Advent Advent

Autor: Frederik Vahle

 

Advent, Advent,ein Lämmlein rennt.

Erst eins, dann zwei,dann drei, dann vier,

dann läuft die ganze Herde,

dann wackelt diese Erde.

Der Schäfer und sein Schäferhund,

die stehen da mit off´nem Mund.

Der Schäfer staunt,

der Hund - der bellt

zur Weihnacht unterm Sternenzelt.

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